
Neue Verordnungspraxis im GKV-System
Medizinisches Cannabis ohne Genehmigungsvorbehalt
Seit dem 17. Oktober 2024 können berechtigte Fachärzte medizinisches Cannabis ohne vorherige Genehmigung der Krankenkasse verordnen. Diese Neuregelung erweitert die Verordnungsmöglichkeiten und schafft neue Anforderungen für Apotheken im GKV-Bereich.
Vereinfachung der Verordnungsvoraussetzungen
Das bisherige Genehmigungsverfahren entfällt für bestimmte Fachgruppen bei der Cannabis-Verordnung. Bisher war für jede Verordnung eine vorherige Genehmigung der Krankenkasse erforderlich, die oft mehrere Wochen in Anspruch nahm. Diese Verfahrensvoraussetzung ist nun für einen Teil der Fachbereiche weggefallen.
Zu den berechtigten Fachgruppen gehören Allgemeinmedizin, Anästhesiologie, Frauenheilkunde mit gynäkologischer Onkologie, Innere Medizin, Neurologie, Physikalische und Rehabilitative Medizin sowie Psychiatrie und Psychotherapie. Hinzu kommen Ärzte mit Zusatzqualifikationen in Geriatrie, medikamentöser Tumortherapie, Palliativmedizin, Schlafmedizin und spezieller Schmerztherapie.
Die Einbeziehung der Allgemeinmedizin ist dabei von besonderer Bedeutung. Als größte Ärztegruppe können Hausärzte Cannabis nun ohne vorheriges Genehmigungsverfahren verordnen, was die Verordnungsmöglichkeiten entsprechend erweitert.
Auswirkungen auf die Arzneimittelversorgung
Die geänderte Rechtslage wirkt sich auf die Cannabis-Versorgung aus. Während Cannabis-Verordnungen bisher überwiegend als Privatrezepte abgegeben wurden, kommen nun vermehrt GKV-Verordnungen hinzu. Dies bringt für Apotheken veränderte Anforderungen mit sich.
Der Wegfall des Genehmigungsverfahrens führt dazu, dass Cannabis-Verordnungen in den berechtigten Fachbereichen häufiger werden. Die bisherige Einzelfallverordnung entwickelt sich zur regulären Verordnungspraxis. Entsprechend ist mit einer steigenden Nachfrage nach Cannabis-Arzneimitteln zu rechnen.
Parallel dazu entstehen neue Versorgungsstrukturen. Spezialisierte Anbieter und Versandapotheken erweitern ihr Cannabis-Angebot. Apotheken sollten daher ihre Kenntnisse zu Cannabis-Arzneimitteln vertiefen, um eine sachgerechte Beratung und Abgabe gewährleisten zu können.
Pharmazeutische Fachkompetenz bei Cannabis-Arzneimitteln
Cannabis-Arzneimittel erfordern spezifische pharmazeutische Kenntnisse. Die ordnungsgemäße Lagerung, sachgerechte Abgabe und fachkundige Beratung sind wesentliche Voraussetzungen für eine sichere Arzneimitteltherapie. Apotheken können durch entsprechende Fachkenntnisse zur Qualität der Cannabis-Versorgung beitragen.
Die Vielfalt der verfügbaren Cannabis-Arzneimittel - von standardisierten Extrakten bis zu individuellen Rezepturen - macht fundierte Kenntnisse der verschiedenen Cannabinoid-Profile erforderlich. Apotheker sollten sich entsprechende Fachkenntnisse aneignen, um eine qualifizierte Beratung gewährleisten zu können.
Von besonderer Bedeutung ist die Beratung zu Wechselwirkungen und Dosierungsanpassungen. Cannabis-Patienten weisen häufig komplexe Arzneimitteltherapien auf, bei denen pharmazeutische Fachkenntnisse für die Therapiesicherheit wichtig sind. Diese Beratungsleistung unterstreicht die Bedeutung der persönlichen pharmazeutischen Betreuung.
Kostenerstattung und Bevorratung
Die erweiterte GKV-Erstattung verändert die Anforderungen an die Cannabis-Versorgung. Cannabis-Arzneimittel erfordern spezifische Lager- und Abgabevoraussetzungen, die bei der Versorgungsplanung zu berücksichtigen sind.
Die Erstattung erfolgt nach der Hilfstaxe, die zwischen BfArM-Cannabisblüten und anderen Cannabis-Arzneimitteln unterscheidet. BfArM-Cannabis wird dabei zu niedrigeren Erstattungsbeträgen kalkuliert. Eine bedarfsgerechte Bevorratung umfasst sowohl die kostengünstigeren BfArM-Präparate als auch spezialisierte Cannabis-Arzneimittel.
Bei der Versorgungsplanung sind realistische Verordnungsmengen relevant. Cannabis bleibt auch nach Wegfall des Genehmigungsverfahrens eine spezifische Therapieoption. Die Verordnungshäufigkeit in den berechtigten Fachbereichen nimmt stetig zu.
HWG und Cannabis-Arzneimittel
Die geänderte Verordnungsregelung betrifft nicht die HWG-Bestimmungen für Arzneimittelwerbung. Für Cannabis-Arzneimittel gelten weiterhin die Werbevorschriften für verschreibungspflichtige Arzneimittel.
Zulässig ist die sachliche Information über Verfügbarkeit, Preise und pharmazeutische Eigenschaften. Indikationsbezogene Werbung bleibt untersagt. Apotheken können ihre fachliche Kompetenz und Beratungsqualität bei Cannabis-Arzneimitteln hervorheben.
Die Zusammenarbeit mit den verordnungsberechtigten Fachärzten bietet Möglichkeiten für eine koordinierte Cannabis-Versorgung. Apotheken können sich als fachkundige Ansprechpartner für die Cannabis-Therapie etablieren und dabei die geltenden Werbebestimmungen beachten. Diese Positionierung als Cannabis-Fachapotheke erstreckt sich dabei auf alle Cannabis-Verordnungen - sowohl GKV-Verordnungen der berechtigten Fachärzte als auch Privatverordnungen anderer Ärzte.
Entwicklung der Cannabis-Therapie
Die Cannabis-Liberalisierung entwickelt sich weiter. Weitere Vereinfachungen bei Verordnung und Erstattung sind möglich. Apotheken mit entsprechenden Fachkenntnissen tragen zur qualifizierten Cannabis-Versorgung bei.
Parallel dazu ist mit einer zunehmenden Standardisierung der Cannabis-Arzneimittel zu rechnen. Die pharmazeutische Qualität und Beratungsleistung gewinnen dabei an Bedeutung für eine sachgerechte Therapiebegleitung.
Internationale Erfahrungen zeigen eine kontinuierliche Professionalisierung der Cannabis-Therapie. Diese Entwicklungen können auch für die deutsche Arzneimittelversorgung relevant werden.
CANAbene im Dialog
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Mit dem Wegfall des GKV-Genehmigungsvorbehalts seit Oktober 2024 ist eine Zunahme kassenärztlicher Verordnungen zu erwarten. Was bedeutet das für Ihre Apotheke?
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Ärzte dürfen seit Oktober 2024 ohne Genehmigung Cannabis verordnen?
Berechtigt sind Fachärzte für Allgemeinmedizin, Anästhesiologie, Frauenheilkunde (gynäkologische Onkologie), Innere Medizin, Neurologie, Physikalische und Rehabilitative Medizin sowie Psychiatrie und Psychotherapie. Zusätzlich Ärzte mit Zusatzqualifikationen in Geriatrie, Tumortherapie, Palliativmedizin, Schlafmedizin und spezieller Schmerztherapie.
Wie verändert sich die Nachfrage nach Cannabis-Arzneimitteln?
Die Verordnungshäufigkeit steigt, da das Genehmigungsverfahren für Ärzte entfällt. Besonders die Einbeziehung der Allgemeinmedizin als größte Ärztegruppe führt zu häufigeren Cannabis-Verordnungen.
Wie werden Cannabis-Arzneimittel kalkuliert?
Cannabis-Arzneimittel bei GKV-Verordnungen werden nach der Hilfstaxe kalkuliert, die zwischen BfArM-Produkten und sonstigen Cannabis-Präparaten unterscheidet. BfArM-Cannabis weist dabei niedrigere Erstattungsbeträge auf.
Welche Voraussetzungen gelten für die Cannabis-Abgabe?
Erforderlich sind angemessene Lagerstrukturen, geschultes Personal und verlässliche Lieferantenbeziehungen. Die Abgabe erfolgt wie bei anderen verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.
Ändern sich die Werbebestimmungen für Cannabis-Arzneimittel?
Nein. Die HWG-Bestimmungen bleiben unverändert. Zulässig sind sachliche Informationen über Verfügbarkeit und pharmazeutische Eigenschaften, nicht aber indikationsbezogene Werbung.
Wie unterscheidet sich die GKV-Abrechnung von Privatrezepten?
GKV-Rezepte werden nach der standardisierten Hilfstaxe abgerechnet. Privatrezepte können individuell kalkuliert werden, unterliegen aber der Preisangemessenheit.
Welche Beratungsaspekte sind bei Cannabis-Arzneimitteln relevant?
Zentral sind Informationen zu Dosierung, Anwendung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen. Auch die Aufklärung über verschiedene Cannabis-Sorten und ihre Eigenschaften ist wichtig.
Wie entwickelt sich der Wettbewerb im Cannabis-Bereich?
Der Wettbewerb nimmt durch spezialisierte Anbieter und Versandapotheken zu. Vor-Ort-Apotheken können sich durch persönliche Beratung und pharmazeutische Fachkompetenz differenzieren.
Sind weitere Liberalisierungen zu erwarten?
Weitere Vereinfachungen bei Verordnung und Erstattung sind möglich. Entsprechende Vorbereitungen können sinnvoll sein.
Weiterführende Ressourcen:
Stand: Juni 2025 – Bei sich schnell entwickelnder Rechtslage sollten aktuelle Entwicklungen kontinuierlich verfolgt werden.
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